9/11 and the day after
Is a terror strike a performance? When does a performance become a strike? Why is the event the only haunting one and the only substantial?
opening event of the beginning of the season @ WUK | supported by SUPER NASE & Co
Program 09/11
19:00h open door, Performances, WUK area
This is not 9/11? by Super Nase & Co (Wien A)
20:30h Lecture, WUK Foyer
Unfall, Anschlag, Kunst: Das Ereignis in der modernen Ästhetik?! by Thomas Macho (Berlin G)
Following open discussion
Following Lecture, WUK Foyer
Messianischer Satanismus by Andreas Leo Findeisen (Wien A)
Following open discussion
22:30h Following Performances, WUK area
This is not 9/11? by Super Nase & Co (Wien A)
23:00h Concert, WUK Foyer
This is not Joy Division? by Boy Division (Hamburg G)
00:00h DJ-act, WUK Saal
This is not cool, it´s hot by dj abidjaninski (Yamoussoukro CIV)
00:00h DJ-act, WUK Foyer
This is not Tingel Tangel? by DJ Bernhard Tobola (Wien A)
01:00h Live-act, Performance, WUK Saal
This is not my beautiful house, it's a Chicks on Speed VG Mash Bash Crash, Burning Down. by Chicks on Speed (New York USA, Hamburg G)
Following Live-act, WUK Saal
This is not Aphex Twin, it’s the next Aphex Twin? by Poj Masta (London UK)
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Program 09/12 - the day after
23:00h Performance, WUK Saal
Love Club by God’s Entertainment (Wien A)
00:20h, DJ-act WUK Saal
Me and My Computer by DJ Schwein (Wien A)
Following, Live-act, WUK Saal
This is not noise rave party it´s a bad mood for granddad. by batcha de mental and giorgio dentale (Bratislava Sk)
In Koproduktion mit WUK
Mit freundlicher Unterstützung von MA7
HINTERGRUND und warum ist hier das Fernsehen das Wichtigste?
Nach welchen Prinzipien wird das Ereignis am Ereignis gemessen und damit als wichtiger gegenüber der Menschheit als zu mir dargestellt? Genau – Darstellung. Wichtig.
Mein Geburtstag ist der 29. Mai 1979. Man könnte annehmen, dass dies wohl der wichtigste Tag in meinem Leben war. Wenn ich davon ausgehe, dass eine Schwangerschaft mit etwa 9 Monaten – genau 267 Tagen berechnet wird, und ich diese 267 Tage vom 29. Mai 1979 zurückrechne komme ich (mit 5 Monaten in diesem Zeitraum welche 31 Tage zählen und einem Monat welches 28 Tage zählt) auf das Datum vom 04. September 1978. Da nicht angenommen werden kann, dass diese Berechnung eine 100%ige Trefferquote meiner Zeugung aufweist, kann ich leider nur hypothetisch annehmen, dass irgendwann an diesem Tag mein Vater seinen Schwanz in die Möse meiner Mutter steckte und nach einigen rein- und raus Bewegungen mehrere seiner Samenzellen in Richtung Eizelle meiner Mutter schleuderte, wovon dann eine die 267 Tage spätere Geburt meiner selbst verursachte. Das war wohl der wichtigste Moment in meinem Leben. Und ich kann mich nicht einmal daran erinnern. - Simon Steinhauser
Warum ist dieser Moment so wichtig obwohl man sich nicht einmal daran erinnern kann? Weil er nach der Berechnung der Schwangerschaft seiner Mutter an dem Tag wahrscheinlich verursacht wurde, obwohl er damit nichts zu tun hatte? Wann und inwiefern wird uns das wichtig? Vor allem in Verbindung mit einem Datum? Wann wird etwas wichtig für die ganze Menschheit? Welches Datum wird Datum der Welt?
Kommen wir zu einem Datum, das alle Menschen etwas angeht: 9/11. Dieses Ereignis wird laut vielen Politikern, Geschichtstheoretikern, Philosophen sowie Kultur- und Religionsanalytikern zum Ereignis des 21.Jahrhunderts. Hier stellt sich wieder eine Frage: Inwiefern wird dieses Ereignis für alle Menschen wichtig? Vor allem wenn man es personifizieren würde? Warum ist genau mir oder dir oder uns dieses Datum wichtig und inwiefern ist es mir wichtiger als jemandem aus der Mongolei? Weil jemand bekannter oder verwandter an diesem Datum ums Leben gekommen ist? Dummerweise nicht einmal bei diesem Ereignis? Zufällig bei einem Autounfall? Oder ganz anders: Weil ich mich an dem Tag verliebt habe? Weil Weil Weil? Nach welchen Prinzipien wird das Ereignis am Ereignis gemessen und damit als wichtiger gegenüber der Menschheit als zu mir dargestellt? Genau – Darstellung. Wichtig. Frage: Und warum ist hier das Fernsehen das Wichtigste?
In diesem Sinne, wenn man das Ereignis als performativer Akt bezeichnen würde, könnte man sich hier über Marinettis synthetischund simultan unterhalten. Er bezeichnet Synthetisch, d.h. sehr kurz. In einigen Mintuen, Gesten oder Wörtern zahlreiche Situationen, Sensibilitäten, Ideen, Sensationen, Fakten und Symbole komponieren. Die zeitliche sowie räumliche Kraft der Kürze sollte durch eigene Realisierung jegliche Deutungsmöglichkeit abwerfen, denn dies würde laut Marinetti eine dumme Schmeichelei vor dem Primitivismus der Masse, die in der Schlussanalyse einen Triumph der guten und Niederlage der schlechten Kerle herbeiersehnt“ bedeuten.Logischerweise lässt sich in diesem Zusammenhang das Synthetische mit dem Terrorismus verbinden. Die Terrorattacken von heute weisen eine zeitliche Kürze auf und sind nicht selektiv im Hinblick auf die „gezielte“ Interaktion; sie offenbaren eine unwahrscheinlich absurde Kraft und sind keineswegs theatralisch. Was diesen Aspekt anbelangt gehen die terroristischen Angriffe als ästhetisch-synthetische Gewaltperformance in die Kunstgeschichte ein. Eine solche Performance hütet keinerlei Ansprüche auf Komödie oder positive Ironie in sich sondern trägt vielmehr die kritische und subversive Ansinnung des politisch-religiösen Widerstandes gegen die westliche Gesellschaft in sich.
Marinetti erklärt nämlich die Idee der Simultanität mittels Fragmenten gegenseitig zusammenhängender Geschehnisse, die im Einklang mit gewissen Charakteristika der Aufführung (z. B. Improvisation, Intuition, Suggestion und Enthüllung der Aktualität) die wahre Relevanz der konzeptuellen Kunst offenbaren. Je nach Kürze solcher durchschnittlichen Konstellationen, werden die hergenommenen Fragmente (bzw. Arbeitsmaterial) rekonstruiert, inszeniert und analysiert. Im Weiteren entsteht eine Improvisation mit unterschiedlicher Zulassungsdauer mit dem Endziel einer nicht allzu sehr vorbereiteten Performance. Im Hinblick auf diese Beobachtungspositionen schließen sich bei der kognitivistischen Elaborierung zwei oder mehrere Räume an, mit einem Performer in jedem davon. Diese Performer besetzen simultan die Szene und zeigen anhand unterschiedlichster Aktionen ihre Daseinsformen, derer sie sich gegenseitig nicht bewusst sind. Im Bezug auf die heutigen Terrorangriffe würde Simultaner Terror demzufolge die synchronen Handlungen der Selbstmordattentäter bezeichnen, die auf unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Vorgehensweisen unbewusst zu gleichen Endergebnissen kommen. Anders gesagt, die aus den simultanen Handlungen resultierenden Konsequenzen bieten keine anderen Auswegsmöglichkeiten an als jene gezielte. Ein parallel simultanes Spiel mit nur einmal aufführbarem Versuch seiner „Protagonisten“ als Teil des inszenierten Schicksals lehnt jegliche Kommerzialisierung der Idee ab und bleibt auf eine absurde Art und Weise in der Agonie der Performanceoriginalität. Nämlich die zeitgleiche Entschlossenheit der Terroristen zum Vorhaben, die keinerlei künstlerische oder ethische Werte mehr aufweist, verursacht Verwirrung und Wahnsinn unter den normalen Menschen auf der Straße, deren Angst vor Unwissenheit bzw. Ungewissheit immer größer ist als die Angst vorm Vorgehen.
Trotz solchem kunst-wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Ereignis oder Terror und Performance, ist das Datum noch immer nur eine geschichtliche Abbildung der Realität, in welcher der Zufall - wie oben beschriebene verursachte Geburt - nach dem Zufall passiert? Wann wird ein Terror-Ereignis eine Performance und umgekehrt?
Im Bezug dessen versucht GE den 11. September 2009 auf noch eine Frage antworten: Passiert das alles an 11. Septembern ohne dass wir auch nur darüber nachdenken?*** Und ja, ist der Zufall dass am 11.Septembar 19 muslimische Fundamentalisten einige Flugzeuge entfühtren und zerstörten zwei Hochhäuser in New York, unter welchen viele Menschen ums Leben kamen?
*** Der Äthiopische Kalender beginnt mit dem 11. September. Barbecue Bob, bekanntester Grillmeister Amerikas und Blues Pionier wird am 11. September 1902 geboren. Am 11. September 1961 gründet eine Gruppe von Tierschutzaktivisten den World Wildlife Fund und später damit die Umbenennung der World Wrestling Federation in World Wrestling Entertainment. Genau sieben Jahre später begeben sich die Beatles in einen Bus und beginnen mit dem Dreh des Films Maigcal Mystery Tour, der ein Flop wird. Das Album klettert an die Chart-Spitze. Und schließlich stirbt Österreichs Nachwuchshoffnung in Sachen Jazz – Joe Zawinul – am 11. September 2007 und hinterlässt eine musikalische Wüste mitten in Europa
DIE NEUE THEATER ORDNUNG
Einen Strich, einen Durchstrich, Burgtheater, streichen, Akademietheater, streichen, Tanzquartier, streichen, Brut, streichen, WUK, streichen. Alles streichen, in blau und in rosa, in grün und in braun, in schwarz und in rot. Aber mit Bic-Kulli, man will ja sparen.
Eine gute Nachricht: Das Wuk hat heuer erstmals eine Subvention als Theater Kooperations-Haus erhalten.
Eine gute Nachricht: God’s Entertainment ist hier.
Eine gute Nachricht: Sie sind hier.
Gute Nachrichten, gute Orte, gute Theater-Intendanten, gute Theatergruppen, gutes Publikum – gutes Theater!
Gutes Theater zur rechten Zeit ist besser als Öl.
Gutes Theater? Was führ‘n wir denn hier auf? Was führt’s ihr denn hier auf?
Haben wir überhaupt einen Plan? Ja, natürlich nicht! Denn unsere Pläne sind gewichtig und kraftvoll, aber die Ausführung ist schwach und verächtlich. Wo das Theater aufhört und God’s Entertainment anfängt, da hört sich alles auf. Wie bei einem unterbrochenen Zeugungsakt, steht das Publikum meist wortlos vor diesen unvollendeten Schöpfungen und weiß nicht viel damit anzufangen. Ist das Party-Klub, Arena oder gar Kirche? Dieser Verbindungsstrom von Mensch zu Mensch? Diese geheimnisvolle Strömung, drunter und drüber, drinnen und draußen. Alles leeres Spiel, blanke Langeweile. So gut sind wir? Verzweifelt auf der Suche nach Zuspruch von bedürftigen Menschen.Ein Leben, zwei Leben, drei Leben – wie viele Leben denn noch? Das geht ja auf keine Kunsthaut und in keinen Kunstraum. So mühen wir uns weiter von Entscheidung zu Entscheidung, kleine und winzige Entscheidungen, Aberhunderte, jeden Tagund denken mit Lust ins Leere. Bis uns endlich ein Luster leuchtet.
Ein Dreschflegel für das Publikum! Wer will, wer soll ihm winken? Wer will das schlummernde Publikum wecken, wer will es wachrütteln? Sind wir da beim Zirkus, oder was? Sind wir da im Schlachthaus, oder was? Sind wir in der Geriatrie, oder was? Nein, Endosmose. Film-Klub. Alphabeten-Klub. Das kommt auch noch.
Jetzt macht Platz dem idealen Schauspieler, dem idealen Performer, dem idealen Publikum. Raus, alle miteinander! Raus, raus! Hört auf, dieses Haus zu einem Schau- und Spielhaus zu machen! Aber das Grauen hat sich aufgelöst und eine neue Theaterordnung hat sich genaht. Alle Theater vereinigen sich, nutzen die Gelegenheit, die lang versprochene neue Theaterordnung zu verwirklichen! Die Scharmützel und Kriege untereinander, einstürzende Hochhäuser sind bloß Ausrutscher, die die gesamte Theaterwelt nur noch mehr in dem Entschluß bestärkt, eine friedliche Theaterwelt zu schaffen. Aber sie wissen, wir stehen vor großen Problemen. In einer entarteten Welt, wie es die unsrige ist, fehlt es bedauerlicherweise an Vertrauen. Man stößt stattdessen auf Habgier und Korruption. Auguren behaupten bereits warnend „Niemand soll sich der Theater-Illusion hingeben, daß die viel gepriesene neue Theaterordnung schon da oder auch nur nahe sei. Viele sagen hier ist sie oder dort ist sie. Glaubt ihnen nicht.“
Die Suche nach einer neuen Theaterordnung ist offensichtlich nicht einfach. Wird sie von Erfolg gekrönt sein? Ist sie denn überhaupt nötig? Publikum, Schauspieler, Performer, Dramaturgen, Dichter, Regisseure, kurz Theater – Kann denn das noch was? Oder – alles streichen? Einen Strich, einen Durchstrich, Burgtheater, streichen, Akademietheater, streichen, Tanzquartier, streichen, Brut, streichen, WUK, streichen. Alles streichen, in blau und in rosa, in grün und in braun, in schwarz und in rot. Aber mit Bic-Kulli, man will ja sparen.
Hier stocke ich. Beim Sparen und Streichen. Ach, bloße Selbsterhaltung. Greift mir sonst wer an die Eier?
Nur als ob? Ein Als-ob-Theater, egal was, wann und wie. Theater nebenbei, zwischendurch, weil’s unbedingt sein muss. Als-ob-Publikum, Als-ob-Performance. Alle hier Als-Obler und Als-Oblerinnen. Alle zu einem Schauspiel gewordene Obleronen. Brich dir ein Eck. Schmeckt’s gut?
In diesem Sinne, sei die aktuelle Wiener Theatersaison eröffnet – so als ob.
Und wer will, kann mit mir mit einem Obstler darauf anstoßen.