OHNE TITEL

OHNE TITEL

Die Performance wurde im Laufe der WM 2006 und im Rahmen des Projektes ...in den freien Raum aufgeführt. Das Projekt wurde selbst von zwei relevanten Wiener Künstlern: Stefan Frankenberg und Philipp Hofstätter sowie von Pura Vida konzipiert, kuratiert und vertont. An dieser Stelle möchten sich God`s Entertainment an Obengenannten sowie an Ihre Einladung herzlich bedanken. | Teil I - Ragnerhof / Teil II - diethetaer-spiel:platz, Juni 2006 Wien  


stupidity is indestructible!

In einer ästhetisch geschlossenen Formation des Fußballspieles – zwei Mannschaften im sportlichen Wettkampf gegeneinander – inklusive ihren zugehörigen Regeln, wurden mithilfe einer Intervention alle Regeln und ihre Bedeutungen in Frage gestellt und damit redefiniert. Beispielsweise anstelle einer Aufteilung in zwei Mannschaften – gab es keine; anstelle eines markierten Spielfeldes bildete das Publikum die Spielfeldwände; anstelle von Ergebnissen – illustrierte Tore; anstelle einer üblichen Fußballspiel-Liveübertragun gab es für Fußballfans das overlap-halbfinale mit Pornosequenzen zu genießen. 

Die Performance entsteht aus drei Teilen:

Erster Teil:
Vor dem Beginn des Halbfinales und während des Einlases wurden erste 30 Minuten der Performance nach Hans-Thies Lehmanns eine Slow-Motion Technik definiert. Auszug aus H-T. Lehmanns Postdramatisches Theater, in bezug auf Slow-Motion-Technik: In die Reihe der Körperbilder, die für das postdramatische Theater als symptomatisch gelten können, gehört die Slow-Motion-Technik, die im Gefolge von Wilson allerorten anzutreffen ist. Sie ist nicht auf einen bloß äußerlichen visuellen Effekt zu reduzieren. Wenn Körperbewegung so sehr verlangsamt wird, dass wie mit einer Lupe die Zeit ihres Ablaufs und dieser selbst vergrößert erscheinen, so wird unweigerlich der Körper in seiner Konkretheit ausgestellt, wie durch die Linse eines Beobachters fokussiert und zugleich als Kunstobjekt aus dem Raumzeit-Kontinuum „herausgeschnitten“. Die Zeitlupe isoliert einen Umriss emphatischer Sichtbarkeit aus dem Raum (dem Sehfeld) und bannt zugleich den angesichts der ungewohnten Aufgabe irritierten Blick. Der körperlichen und mentalen Anspannung des Spielers, der Bewegungen stark verlangsamt vollzieht, antwortet gleichsam die Anspannung des Betrachters, der sich auf diesen Wahrnehmungsprozess einlässt. Beide Spannungen zusammen lassen den Körper zur Erscheinung werden. Zugleich wird der motorische Apparat verfremdet: jede Handlung (Art und Weise zu gehen, zu stehen, sich zu erheben, sich zu setzen usw.) bleibt erkennbar, ist aber verändert, wie nie gesehen. Der Akt des Ausschreitens dekomponiert sich, wird Heben eines Fußes, Vorschieben des Beins, gleitend Gewichtsverlagerung, vorsichtiges Aufsetzen der Sohle: die szenische „Handlung“ (Gehen) nimmt die Schönheit der zweckfreien reinen Geste an. |Postdramatisches Theater, H-T. Lehmann|

Zweiter Teil:
Die ersten sieben Minuten der Performance (prakitsch während der ersten sieben Minuten des Fußballspiels und der Halbzeit in der Pause) bildeten eine Choreographie zwischen den Performer*innen und dem anwesenden Fußballpublikum, in der Zuschauer*innen nicht mehr als Zuschauer*innen sich fühlten, sondern aus einer bequemen Passivität des Zusehens zu einer für sich teilnehmenden Aktivität (als lebende Wand die Eingrenzung des Spielfeldes mimen, sich von einem Performer verführen lassen, etc…) bewegen mussten.

Dritter Teil:
In den verbleibenden 8 Minuten der Halbzeit ginge das Fußballspiel mit den verbundenen Augen weiter. Trotz der visuellen Einschränkung wurde versucht, im Spiel eine Struktur bzw. einen geplanten Ablauf zu verfolgen, einen chaotisch-anarchistischen Ausgang zu vermeiden. In diesem Teil der Performance war das Publikum aufgrund der Überlegenheit des Sehen-Könnens gegenüber der Performer*innen viel aktiver als in den vorhergehenden 7 Minuten.



Date

06 June 2006

Tags

2006